Im ersten Teil haben wir uns mit Grundlagen, Story Points, Velocity und Releaseplanung beschäftigt. Teil 2 behandelt mögliche Varianten, den Fortschritt während eines Sprints zu ermitteln und zeigt die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Messmethoden auf, die dafür eingesetzt werden können.
Fortschritt im Sprint - Übersicht
Es gibt drei Möglichkeiten, den Fortschritt während eines Sprints zu messen:
- Anzahl umzusetzende Tasks / Erledigte Tasks
- Summe umzusetzende Story Points / Erreichte Story Points
- Geschätzter offener Aufwand
Die Darstellung erfolgt als sogenanntes Sprint Burndown Chart. Die Darstellungsform ist bei allen Varianten gleich. Die X-Achse zeigt den zeitlichen Verlauf für jeden Tag im Sprint. Auf der Y-Achse sehen wir, wie viel im Sprint-Backlog noch offen ist. Dafür benötigen wir nur ein Flipchart, das wir täglich aktualisieren.
Ein erfahrenes Team erkennt nach kritischem Blick auf sein Scrum-Board, ob das Sprint-Ziel noch erreichbar ist. Für viele ist es aber hilfreich, dabei mit einer grafischen Darstellung unterstützt zu werden. Für Scrum Master ist es natürlich ebenso von Interesse Daten zu sammeln, die dazu beitragen können, mehr über die Arbeitsweise des Teams zu erfahren.
1. Anzahl umzusetzende Tasks / erledigte Tasks
Tasks sollten in der Regel so geschnitten sein, dass ihre Erledigung nicht länger als einen Tag benötigt. Anhand dessen den Fortschritt im Sprint zu messen, ist eine einfache Annäherungsmethode, mit der man trotzdem viele Informationen erhält.
Abb.: Beispiel Offene Tasks im Sprint
Vorteile
- Wir erhalten eine kontinuierliche Verlaufskurve der abgeschlossenen Tätigkeiten.
- Die Darstellung von Tasks ist aussagekräftiger als die von Story Points – wir erkennen, wann das Team in Schwung gekommen ist und wann weniger weitergegangen ist. Gab es eine lange Anlaufphase? Stagnierte der Fortschritt plötzlich? Gibt es ein wiederkehrendes Muster am Ende der Woche?
- Es ist gut einschätzbar, ob das Sprintziel noch erreichbar ist.
- Die Werte sind einfach zu ermitteln. Wir zählen, wie viele Tasks am Scrum-Board als “noch nicht erledigt“ hängen, setzen einen entsprechenden Punkt am Flipchart und ziehen die Linie weiter.
Nachteile
- Tasks sind nicht immer gleichwertig vergleichbar; trotzdem ist die Tendenz des Teams gut erkennbar.
Wann anwenden?
- Wenn wir den Verlauf des Sprints detailliert analysieren möchten
- Wenn wir mehr darüber wissen möchten, ob die Tasks passend geschnitten sind. Sind sie zu ungenau oder zu detailliert?
- Wenn das Team lange braucht, bis erste Stories umgesetzt werden
- Wenn es nach gutem Beginn weniger gut weitergeht (weniger produktive Phasen)
- Wenn das Ziel ist, einen kontinuierlichen Fluss erledigter Tasks zu erreichen
2. Summe umzusetzende Story Points / erreichte Story Points
- Wir erhalten eine Verlaufskurve abgeschlossener Stories.
- Wir benötigen kein zweites Fortschrittsmaß.
- Die Werte sind einfach zu ermitteln. Wir addieren die Storypoints der noch nicht abgeschlossenen User Stories am Scrum-Board, setzen einen entsprechenden Punkt am Flipchart und ziehen die Linie weiter.
Nachteile
- Das Messverfahren ist gröber als die Anzahl noch offener Tasks oder der noch verbleibenden Aufwände.
- Es ist während eines Sprints weniger aussagekräftig, da es wegen Tests oder Testautomatisierungen dauern kann, bis eine Story abgeschlossen wird und es im Vergleich zu den beiden anderen Verfahren weniger transparent ist, ob es in der Phase einer Story im Team zu Leerläufen kommt.
Tipp: Dafür ein kumulatives Chart einsetzen, das den Verlauf von Statusübergängen darstellt, was allerdings auch aufwendiger ist. - Im Vergleich mit den anderen beiden Verfahren ist weniger gut einschätzbar, ob das Sprintziel noch erreichbar ist.
Wann anwenden?
- Wenn wir den Schwerpunkt darauf legen möchten, Stories abzuschließen (Stop starting, start finishing).
- Wenn uns wichtig ist, Stories hintereinander zu bearbeiten (kontinuierlicher Fluss der fertiggestellten Stories und nicht an vielen gleichzeitig zu arbeiten).
3. Geschätzter offener Aufwand
Wir schätzen den offenen Aufwand in Personentagen oder Stunden und passen unsere Schätzungen kontinuierlich an.
Vorteile
- Wir erhalten eine detaillierte Verlaufskurve mit der Information, wie viel Aufwand noch offen ist.
- Schwankungen und Veränderungen während eines Sprints sind gut erkennbar.
- Es ist gut einschätzbar, ob das Sprintziel noch erreichbar ist.
Nachteile
- Die Werte zu ermitteln ist aufwendig.
- Wir erhalten eine scheinbare Genauigkeit, die so aussagekräftig wie herkömmliche Schätzungen ist.
- Kann das Team die Aufwände genau genug schätzen? Rentiert sich der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen des Vorgehens? Arbeitet das Team noch gemeinsam, um das Sprintziel zu erreichen oder versucht jeder nur mehr seine Schätzung einzuhalten?
Wann anwenden?
- Wenn wir Sprintziele nicht erreichen – um das Einschätzen des Sprintziels und der dafür notwendigen Aktivitäten zu verbessern.
Es hängt auch vom Team und vom Umfeld ab, für welche der Varianten man sich entscheidet. Gemäß dem Prinzip „Keep It Simple and Stupid“ bevorzuge ich persönlich Variante 1, das Zählen und Darstellen der noch offenen Tasks; das ist zum Teil natürlich auch Geschmackssache.
Was mich vielmehr interessiert? Zu erfahren, welche agilen Metriken Sie in Ihren Projekten einsetzen und welche Erfahrungen Sie damit gemacht haben. Ich freue mich auf einen Austausch: blog.at@nagarro.com
Agile, Scrum, Metriken