Nagarro
Im Gespräch mit Damianos Soumelidis über Nagarro, die ANECON Übernahme, über die digitale Transformation, Cloud und IoT sowie über fehlende IT-Fachkräfte. Publiziert in der „it&t Business Ausgabe 07-08/18, Interview von Christine Wahlmüller
Die Übernahme von ANECON ist jetzt schon ein paar Monate her, wie sieht der Alltag in der Praxis jetzt aus, wie funktioniert die Zusammenführung?
Wir sind in der Endphase unseres Transformationsprogramms. Der letzte große Schritt ist die Neuaufstellung der Organisation. Im zweiten Halbjahr wollen wir diese Struktur dann umsetzen und tatsächlich mit Leben befüllen. Seit der Gründung als Hexa im Jahr 2010 haben wir uns zu einem Unternehmen mit einem Umsatz von 32 Mio. Euro entwickelt und zählen jetzt nach dem Zusammenschluss mit ANECON rund 200 Mitarbeiter. Global ist Nagarro in den letzten Jahren auch gewachsen und beschäftigt derzeit rund 5.000 Mitarbeiter.
Sitzen jetzt alle Mitarbeiter in Österreich schon unter einem Dach an einem Standort?
Das wäre schön. Leider nein, beide Standorte in Wien sind zu klein, wir sind derzeit intensiv auf der Suche nach einem neuen Wiener Standort und wollen Ende des Jahres an einen Ort übersiedeln. Das ist ein wesentlicher Schritt zu einer gelungenen Integration.
It&t: Was sind denn jetzt Ihre Schwerpunkte in Österreich?
ANECON hat die Schwerpunkte SW-Quality Lifecycle, Testing , Applikationsentwicklung und Agile Beratung mitgebracht, Nagarro kommt auch aus dem Entwicklungsumfeld, aber ist sehr stark technologieverbunden und eng verzahnt mit der digitalen Transformation. Wir haben eine starke Cloud DNA – darauf setzt alles auf. Durch die Verschränkung unserer Portfolios können wir den gesamten Bedarf an IT-Entwicklung und Integration anbieten, aber auch den Entwicklungsabteilungen in den Unternehmen helfen, ihre Qualitätsstandards zu heben und zu testen. Und in Kombination mit den Delivery Centern von Off- und Nearshore, die wir haben, sind wir in Österreich, wie wir denken, einzigartig
Jetzt ist Digitalisierung so ein großes Schlagwort. Was sind denn für Sie die wichtigsten Eckpunkte, wenn es um digitale Transformation geht?
Jeder spricht von Digitalisierung. Was fehlt, sind Leute, die erklären, wie man damit pragmatisch startet. Ich behaupte, die Anbieter-Welt spaltet sich in zwei Lager: Die, die darüber reden, und die, die tatsächlich tun. Nur eine Strategie zu entwickeln, reicht nicht. Im Prinzip dreht sich heute alles um Daten. In einer connected Welt gibt es datenproduzierende, datensammelnde, datenverarbeitende und dateninterpretierende Geräte, Systeme und Plattformen. Sinnvollste Basis der IoT Welt ist die Public Cloud – in Verbindung mit intelligenten IoT Frameworks und hochperformanten Datenbanken ist die notwendige Technologie heute vorhanden. Auf den Data Lakes setzen modulare Dashboards, BI- und intelligente Systeme wie Machine Learning und Deep Learning auf. Wichtig ist zusätzlich die Rückkoppelung d.h. das Einfließen der Erkenntnisse in das operative Tagesgeschäft. Natürlich darf nicht auf die intelligente Einbindung der Mitarbeiter über entsprechende User-Interfaces, auf die Integration von Mobile und anderer intelligenter Devices, etwa Smart Glasses, vergessen werden.
Damianos Soumelidis, Managing Director, Nagarro
Die Theorie ist klar, aber wie startet man als Unternehmen in die digitale Transformation?
Wir haben da einen Drei Schritte Approach. Am Anfang gibt es einen Ideation Workshop mit einem Team des Kunden, bestehend aus IT, Fachbereichen und wenn möglich auch der Geschäftsführung. Die zentrale Frage dabei ist: Wo können entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens neue Technologien sinnvoll eingesetzt werden? Es ist ganz erstaunlich, was in diesem moderierten Prozess an tollen Ideen zusammenkommt. Daraus ergeben sich einige Use Cases, die auf Machbarkeit und Business Value bewertet und analysiert werden. Ergebnis sind in der Regel zwei konkrete Use Cases, die man als Proof-of-Concept umsetzt. In 90 bis 95 Prozent der Fälle machen die Unternehmen dann weiter.
Wie oft haben Sie diese Art von Beratung jetzt schon gemacht?
Sechs bis sieben dieser Prozesse haben wir erfolgreich durchlaufen, bei einigen sind wir gerade mittendrin. Bei einem Telekomunternehmen ist ein Smart-Glass Projekt entstanden, das in der Errichtung und Qualitätssicherung unterstützend zum Einsatz kommen soll. Ein spannender Use Case könnte sich auch in der Forstwirtschaft ergeben. Es geht dabei um die Überprüfung von Schwund in der Logistik: Über Bilderkennung und intelligente Algorithmen kann man mittels Pattern-Recognition und Machine Learning die Beladung von LKWs vergleichen und daraus Rückschlüsse ziehen. Umgesetzt werden diese Usecase auf Basis von Microsoft Azure, Google Cloud, AWS oder IBM Technologien.
Das heißt, Sie setzen in der Umsetzung auf Public Cloud?
Cloud ist nahezu immer die Basis. Dinge, die wir jetzt frisch implementieren, passieren auf serverless Prinzipien, mit den Frameworks der Anbieter. Bei Amazon ist es Lambda, bei MS Azure ist es Azure Functions, bei Google Cloud Functions. Damit bieten alle drei Anbieter genau die erforderlichen IoT-, AI- oder Chatbot-Funktionalitäten an.
Woher holen Sie sich das Know-how und die notwendigen Umsetzungs-Kompetenzen?
Wir haben es da als Nagarro gut. Wir haben 10 bis 15 Centers of Excellence (CoE), die uns mit Technologie- und internationaler Projekt-Expertise zur Verfügung stehen. Sie beschäftigen sich intensiv mit Forschung, Technologien und Presales. Aus Österreich wird übrigens das globale Cloud CoE der Nagarro Gruppe gesteuert. Außerdem arbeiten wir mit einem hybriden Delivery-Modell: Das heißt die lokalen Mitarbeiter werden remote unterstützt – offshore oder nearshore. Wir brauchen aber lokal dringend gute Leute.
Spüren Sie etwas vom vielzitierten IT-Fachkräfte-Mangel?
Wir sind durch unser hybrid Shoring Modell gut aufgestellt. Wenn man aber bedenkt, dass in Indien jährlich 700.000 Fachkräfte auf den Markt kommen, und bei uns nur rund 1.400 – dann ist klar: Das ist viel zu wenig. Wir wollen die besten Leute auch in Österreich zu uns holen.
IoT, Cloud Computing, Cloud
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